Aufruf zu Bekehrung und Buße - 100 Jahre der Marienerscheinungen in Fatima!

■ Am 13. Mai 2017 haben wir ja ein markantes Datum begangen - den 100. Jahrestag seit Beginn der Erscheinungen der Muttergottes an die drei Seher-Kinder Lucia, Jacinta und Francisco in Fatima, Portugal. Diese Erscheinung wurde danach von der katholischen Kirche nach sehr strengen Kriterien überprüft und schlussendlich in ihrer Echtheit bestätigt.
Wie schon bei den beiden vorhergehenden sehr bekannten und kirchlich anerkannten Offenbarungen der hl. Jungfrau Maria im 19. Jahrhundert – im Jahr 1846 in La Salette und im Jahr 1858 in Lourdes in Frankreich – bestand auch in Fatima eine der Hauptbotschaften der Muttergottes im Aufruf sowohl zur eigenen Bekehrung als auch zu Gebet und Buße zum Zweck der Bekehrung anderer Menschen zu Gott. Ganz besonders ragt dabei bei den betreffenden wiederholten Ermahnungen der Muttergottes das Rosenkranzgebet als ein wirksames Instrument in der Hand tiefgläubiger Katholiken zur Mehrung des Reiches Gottes in dieser Welt heraus!
■ Kürzlich erhielt ich einen Hinweis auf einen Film, welcher 2006 in Russland gedreht wurde und eigentlich die betreffende gerade erwähnte Thematik der Fatima-Botschaft sehr anschaulich zur Sprache bringt. Es ist nicht bekannt, ob dieser Film „Ostrov“ („Die Insel“) auf historischen Ereignissen aufbaut oder nicht. Aber in jedem Fall spricht er mit seiner Geschichte die Themen „Schuld“, „Reue“, „Buße“, „Vergebung“ und „Versöhnung“ auf eine sehr eindrucksvolle Weise an.
Zunächst fängt dieser Film mit einer Begebenheit aus dem Jahr 1942 und somit während des 2. Weltkrieges an. Auf einer Insel im hohen Norden Russlands legt ein kleines Kriegsschiff der deutschen Marine an. Die betreffende Schiffsbesatzung ist auf der Suche nach zwei sowjetischen Seeleuten, die sich auf dieser Insel versteckt haben sollen. Sie finden den ersten, einen Matrosen, der Anatoly heißt, und bedrohen ihn mit dem Tod, falls er sie nicht zu dem zweiten führen sollte. In Todesangst verrät er ihnen nach einigem Zögern dann schlussendlich doch den betreffenden Landsmann, einen Marine-Offizier, der Tichon heißt.
Der Kapitän des deutschen Schiffes verlangt dann von Anatoly, er solle selbst seinen Vorgesetzten erschießen. Dafür würde er am Leben bleiben. Der arme Mann will das zwar nicht tun. Da er aber die Pistole in die Hand gedrückt bekommt, fuchtelt er damit in seiner größten Angst und Erregung etwas herum und drückt sie in diesem emotional-nervlichen Ausnahmezustand versehentlich ab. Tichon wird getroffen und fällt rückwärts ins kalte Wasser. Daraufhin verlässt das deutsche Schiff diese Insel. Auf dieser geht dann nach kurzer Zeit eine Explosionsladung hoch, welche jene deutsche Schiffsbesatzung zurückgelassen hat.
Der betreffende russische Matrose Anatoly überlebt zwar diese Explosion, wird aber dadurch dennoch verwundet. Es kommen Mönche aus einem offensichtlich auf einer benachbarten Insel gelegenen Männerkloster und nehmen diesen verwundeten Mann mit zu sich.
Dann wechseln die Filmereignisse abrupt in das Jahr 1976. Anatoly, der Held des Filmes, ist nun ein Mönch in demselben Kloster.
Man halte sich nun bitte nicht damit auf, dass die Deutschen hier als die Bösen und die Russen als die Guten dargestellt werden. Darum geht es hier letztendlich nicht. Auch spielt es für uns hier überhaupt keine Rolle, dass es sich hierbei um ein orthodoxes Kloster und orthodoxe Mönche handelt. Worauf es hauptsächlich ankommt, ist die tiefe geistige Aussage dieses Filmes bzw. dessen lehrreicher religiöser Teil.
■ Und dieser besteht dann darin, dass dieser Anatoly nach 34 Jahren immer noch sehr stark unter der Schuld leidet, die er beim beschriebenen Ereignis im Jahr 1942 auf sich geladen hat. Es wird gezeigt, wie er tief betrübt in der menschenleeren Gegend seiner Insel herumläuft und wiederholt inständig das im Osten sehr verbreitete Gebet verrichtet: „Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme Dich meiner, des Sünders“! Dann wirft er sich in seiner abgrundtiefen Reue auf die schneebedeckte Erde und bittet Gott mit Gebetsworten der Bußpsalmen herzzerreißend um Vergebung seiner damaligen Sünde. Er habe ja einen Menschen verraten und umgebracht, nur um selbst am Leben zu bleiben.
Es war eine großartige Leistung des betreffenden Schauspielers, der diesen Mönch spielte und übrigens selbst vor ca. 20 Jahren seinen damaligen sehr weltlichen Lebenswandel als Schauspieler und Rocksänger in Moskau radikal änderte und sich bewusst Gott und dem Glauben zuwandte. Er führt nun seitdem mit seiner Frau und Familie ein sehr einfaches Leben als orthodoxer Christ auf dem Land.
Es wird verständlich im Film, dass der Mönch Anatoly angefangen hat, gewisse Wunder an Körper und Seele jener Pilger zu wirken, die, wie in der Orthodoxie üblich, vom Festland auf die Insel zum Kloster pilgerten, um einen sehr erfahrenen geistlichen Seelenführer, in Russland „Starez“ genannt, zu sprechen und ihn um sein Gebet in ihren schweren Nöten zu bitten. Anscheinend hat es sich langsam herumgesprochen, dass in jenem Kloster ein solcher Starez lebt.
So trifft dort auch eine junge Frau ein, die auf dem Klostergelände zufällig jenem Anatoly begegnet und ihn nach jenem Starez fragt. Sie wusste nicht, dass dieser Anatoly jener Mönch war, den sie eigentlich aufsuchen und sprechen wollte. Anatoly verbirgt aber in seiner großen Demut seine eigentliche Identität und spricht dieser Frau streng ins Gewissen, sie solle auf keinen Fall die schwere Schuld einer Abtreibung auf sich laden, nachdem er von ihr nämlich nebenbei erfahren hatte, dass sie den gesuchten Starez absurderweise sogar um den Segen für eine geplante Kindstötung bitten wollte. Er meinte, sie solle keinesfalls die Schuld eines Mordes auf sich nehmen. Und als sie dann etwas trotzig fragte, was er denn von Mord wüsste, gab er ihr ohne falsche Scheu zu erkennen, dass er sehr wohl schon einen Menschen umgebracht hatte und seitdem gewaltig darunter leide!
Dann kommt eine Mutter mit ihrem jungen Sohn zu ihm und bittet ihn, für den Jungen zu beten, der irgendeinen Schaden an seinem Bein hat und eben Krücken benutzen muss. Anatoly spricht den Jungen gütig an und ruft ihn dazu auf, so zum „Göttele“ zu beten, wie er es als Kind könne. Selbst verrichtet er eine Reihe von Gebeten für das Kind, worauf der Junge wieder normal gehen kann. Anatoly schärft dann aber dessen Mutter ein, sie solle unbedingt noch eine Nacht im Kloster bleiben, damit ihr Sohn dann am nächsten Morgen beichten und kommunizieren könnte und so der Erfolg der Wunderheilung sozusagen gefestigt werde. Als die Mutter aber unter Verweis auf ihre Arbeit und manche andere Pflichten dennoch noch am selben Tag heimfahren wollte, zwang er sie zu bleiben.
Schlussendlich wird ein älterer Herr gezeigt, der im separaten Zugabteil mit seiner sich sehr seltsam verhaltenden Tochter Nastja (Anastasia), die eine junge Frau ist, eben zu jenem Kloster fährt. Im betreffenden Zugabteil wird der Kittel eines Zwei-Sterne-Admirals sichtbar. Man sieht, diesem Vater bereitet das Verhalten seiner unter irgendeiner offensichtlich seelischen Störung leidenden Tochter viel Kummer.
Auf dem Klosterterritorium angelangt, rennt diese Nastja Anatoly schnell entgegen. Die beiden entdecken sofort eine Art von warmer Seelenverwandtschaft zu einander. Nastja sagt, sie sei mit ihrem Vater gekommen, der Tichon Petrowitsch heiße und ein Admiral sei. Man sieht, wie Anatoly bei dieser Information etwas aufhorcht. Als aber dann ihr Vater selbst Anatoly begegnet und anfängt zu erklären, dass Nastja krank sei, ist Anatoly emotional leicht durcheinander. Auf die Frage des Admirals, ob er ihm denn irgendwie helfen könnte, meint der Mönch, dass alles gut sei und in seiner Seele nur Engel singen würden!
Denn er fängt an zu ahnen, dass dieser Admiral …jener Tichon sei, den er im Jahr 1942 glaubte, erschossen zu haben. Ihm selbst sagt er zunächst aber nur, dass Nastja keinesfalls krank sei, sondern von einem Dämon belästigt werde, als der Admiral ihm nämlich offenbarte, dass kein Arzt seiner Tochter bisher helfen konnte. Ebenso erfährt Anatoly, dass Nastja seit ungefähr 4,5 Jahren so litt, seitdem nämlich ihr Ehemann im Barents-See als U-Boot-Fahrer zu Tode kam.
Woher wüsste denn er, ein Mönch, dass seine Tochter einen Dämon habe, wollte der Vater wissen. Ja weil er, Anatoly, mit jenem Dämon persönlich bekannt sei, war seine emotionale Antwort. Sich selbst gab Anatoly immer noch nicht als jener gesuchte Starez zu erkennen, obwohl Tichon Petrowitsch ausdrücklich nach ihm fragte.
Durch eine solche Antwort erschrocken will der Vater seine Tochter wieder sofort von der Insel nehmen. Nastja aber folgt wie angezogen dem Mönch, der sie dann mit einem kleinen Ruderboot mit auf eine benachbarte einsame Insel nimmt und dort eine Zeit lang auf dem Schnee kniend sehr intensiv für sie betet, worunter sich auch ausdrückliche Exorzismus-Gebete befanden. In der Kraft des Kreuzes Christi und unter der gütigen Fürbitte der Muttergebärerin mögen nämlich alle unreinen Geister von Nastja weichen! Die junge Frau lacht zuerst komisch und rennt wie irre herum, wälzt sich dann aber wie verwirrt und mit Angst im Gesicht im Schnee herum, bis sie sich dann schlussendlich doch beruhigt und somit der Dämon aus ihr ausgetrieben wurde. Daraufhin ist ihr Verhalten wieder normal und Anatoly gestattet ihr zu weinen.
Als sich der Vater bei Anatoly für diese Heilung aufrichtig bedanken wollte, empfiehlt ihm dieser ebenfalls, mit seiner Tochter in die Kirche zum Zweck des Beichtens und des Kommunizierens zu gehen. Im sich daraus entwickelnden Gespräch der beiden Männer offenbart ihm Anatoly, dass er jener junge Mann war, der 1942 auf ihn, Tichon, geschossen habe, weswegen er ihn jetzt um Vergebung bitte. Der Admiral teilte ihm mit, dass er damals nur im Arm getroffen worden sei und sich retten konnte, Anatoly aber schon längst vergeben habe, weil er meinte, er sei damals bei der Explosion umgekommen.
Schlussendlich verliert Anatoly die große Angst vor dem Tod, die ihn bis dahin wegen der Schwere seiner Schuld ständig erfüllte, und stirbt am Ende des Filmes friedlich, nachdem er sich zuvor auch noch mit zwei anderen Mönchen versöhnte und jene ihn ebenfalls um Verzeihung für ihr eigenes ungerechtes Verhalten ihm gegenüber gebeten hatten. Einer davon war ein etwas jüngerer Mönch, der zuvor wegen der Tatsache, dass er einige Bücher gelesen hatte, doch auch hochnäsig wirkte, und Anatoly mit Neid begegnete, weil dieser tatsächlich den ihn aufsuchenden Menschen helfen konnte, er selbst aber nicht. So findet er auch zur wahren Selbsteinsicht und Demut und trägt nach Anatolys Tod auf seinen Schultern reueerfüllt ein großes hölzernes Kreuz, welches für das Grab des Anatoly bestimmt war.
■ Die Muttergottes ruft ja speziell in Fatima zu Gebet, Umkehr und Buße auf. Dabei sollen wir ja Bußwerke sowohl für unsere eigenen Sünden als auch für die Sünden anderer Menschen leisten. Inneren Sinn und eigentliche Wirkung vor Gott erhalten sie dabei letztendlich nur, wenn sie aus Liebe zu Gott und dem Nächsten getan werden – ob man sie freiwillig als solche aussucht oder irgendeine Unannehmlichkeit oder ein Lebenskreuz wenigstens im Nachhinein entsprechend annimmt und trägt!
Der betreffende Mönch Anatoly hat im Film 34 Jahre lang unter der Schuld gelitten, die er im gedachten Umfang eigentlich überhaupt nicht auf sich geladen hatte. Er wusste ja nicht, dass jener Tichon überlebt hatte. Dennoch hatte er ihn damals aus purer Angst, sein eigenes Leben zu verlieren, an die Deutschen verraten. Er hat nicht aus Überzeugung oder Bosheit, sondern lediglich aus Todesangst und Schwäche so gehandelt.
Somit hat er intentional dennoch eine Sünde abbüßen wollen, die er in der betreffenden Schwere nicht begangen hatte! Vielleicht haben dann seine in tiefster Demut und aufrichtigster Zerknirschung vor Gott und den Menschen begangenen Bußwerke auch eine umso höhere und wirksamere Segenskraft entwickelt! Im Film hat er eine Abtreibung verhindern und jenen Jungen von seinem körperlichen Leiden heilen können. Vor allem aber wurde er dann kraft der Gnade Gottes und auf die Fürbitte Mariens hin in die Lage versetzt, sogar einen wie auch immer gearteten „Dämon“ aus einem Menschen austreiben. Und aus dem Mund Jesu vernehmen wir, dass „diese Art nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben wird“ (vgl. Mt 17, 14-21), womit „Buße“ allgemein angesprochen wird.
Vielleicht haben die Urheber des Films „Ostrov“ ihrem Held bewusst den Namen „Anatoly“ gegeben, welcher aus dem Altgriechischen stammt (ἀνατολή, anatole?) und so viel wie „Sonnenaufgang“ bedeutet. Wie Jesus sich sogar selbst völlig unschuldig mit der Schuld der gesamten Menschheit identifizierte und sie aufs Kreuzesholz den Berg Golgota hinauf trug und so nach der Dunkelheit des Karfreitags den geistigen „Aufgang“ des göttlichen Lichts am Auferstehungstag erst ermöglichte, so hat auch dieser Anatoly besonders mit seiner Buße für eine in der gedachten Schwere nicht begangene Sünde so manchen göttlichen Segen des Gnadenlichts Jesu den Seelen anderer Menschen schenken bzw. übermitteln können! Wobei die Filmverantwortlichen eine gewisse Steigerung der Wirkungskraft der Buße Anatolys erkennen lassen: Verhinderung einer schweren Sünde – Heilung des Körpers – Heilung der Seele vor dem destruktiven Einfluss eines „Dämons“!
■ Vielleicht sollten auch wir unser Augenmerk nun besonders auf jene „Kreuze“ richten, welche wir entweder überhaupt nicht oder wenigstens nicht in dem uns zur Last gelegten Umfang sozusagen „verbrochen“ haben. Wird ja wahrscheinlich jedem Menschen im Leben gelegentlich irgendeine Untat vorgehalten, welche er entweder überhaupt nicht begangen oder wenigstens nicht im betreffenden negativen Sinn oder Umfang beabsichtigt hat, wie es von außen betrachtet ausschaut und ihm unterstellt wird.
So kommt es ja bei uns auch vor, dass wir es etwas oder sogar deutlich überziehen mit der unter Umständen vielleicht sogar gebotenen Reaktion auf eine Provokation, die vorher von anderen bewusst oder unbewusst ausgegangen ist. Auch wenn wir dann nicht die Hauptschuld und eigentliche Verantwortung für das Entstehen einer bestimmten Konfliktsituation tragen, kommt uns doch ein bestimmter Teil der Schuld zu – jener nämlich, in welchem Umfang wir es ja tatsächlich überzogen haben bei jener Gegenreaktion und somit ebenso das Sittengesetz Gottes verletzt haben.
Selbstverständlich ist es dann unser gutes Recht und manchmal sogar auch ausdrücklich unsere moralische Pflicht, uns sowohl gegen das uns vorgehaltene Unrecht generell als auch gegen jenen uns ungerecht vorgeworfenen Teil der Schuld zu wehren und so der Gerechtigkeit möglichst zum Sieg zu verhelfen.
Aber dies lässt sich leider nicht immer bewerkstelligen. Dann kann man sich natürlich lang und stark in großem Selbstmitleid „wälzen“ und die, die einen entsprechend ungerecht behandelt haben, als üble Bösewichte beschimpfen. Nun kann eine solche Haltung leicht auch zu einer starken Griesgrämigkeit und dann sogar zu einer generellen Verbitterung im Leben führen. Ergebnis: kein essentiell notwendiger hoffnungsvoller geistiger Blick nach vorne und somit auch keine positive Perspektive, sondern eher eine mehr oder weniger ausgeprägte Stimmung der Depression!
Als Jünger Jesu, der Ihm für das Geschenk der Erlösung mittels Seines stellvertretenden Liebesopfers äußerst dankbar ist, kann man aber auch in Gebet und geistigem Ringen versuchen, das einem wie auch immer vorgeworfene Unrecht, in welchem Umfang es sich nämlich momentan leider nicht richtigstellen lassen sollte, ebenso im Sinne des stellvertretenden Liebesopfers für das von anderen Menschen begangene Unrecht anzunehmen und geduldig zu tragen! Dann beruhigt sich ein solcher Mensch innerlich stärker und verschwendet weniger Zeit und Kraft für eine manchmal sogar verkrampft und sinnlos geführte Auseinandersetzung mit anderen. Stattdessen wird dann sowohl sein innerer geistiger Blick geschärft als auch wird er eher mit dem besonderen Privileg bedacht, z.B. die große innere Freude und den tiefen Seelenfrieden der Apostel zu teilen, welche vor dem Hohen Rat gegeißelt wurden: „Diese aber gingen voll Freude vom Hohen Rat hinweg, weil sie würdig befunden waren, um des Namens Jesu willen Schmach zu leiden“ (Apg 5,41)!
Aus dem Leben des hl. Johann Vianney, des Pfarrers von Ars, wird berichtet, wie einmal ein unverheiratetes Mädchen aus seiner Gemeinde die Dummheit beging, sich für eine Nacht mit einem jungen Mann einzulassen. Infolgedessen wurde sie schwanger und dann später beim Bekanntwerden ihrer Schwangerschaft von etlichen Dorfbewohnern laufend hartherzig und gnadenlos als große Sünderin beschimpft und angefeindet. (Denn der junge Mann heiratete sie nämlich nicht.) Dieser psychische Terror hielt dann auch nach ihrer Entbindung an. Leider hielt sie diese unbarmherzigen und heuchlerischen Anfeindungen psychisch irgendwann nicht mehr aus und beging Selbstmord.
Der Pfarrer von Ars beerdigte sie aber dennoch auf dem geweihten Boden des Dorffriedhofs, weil er sagte, das Mädchen sei von den Menschen böswillig zur Verzweiflung gebracht worden – sie habe nicht gewusst, was sie tat, und sei somit keine bewusste Selbstmörderin. Dies führte dazu, dass im Dorf laut der üble Verdacht geäußert wurde, vielleicht sei ja gerade er selbst der biologische Vater des Kindes, wenn er sich schon so für dessen Mutter einsetzt!
Als dann aber ein Bursche im Wald bei Baumfällarbeiten verunglückte, wurden sowohl der Pfarrer als auch der Bürgermeister zu ihm gerufen. Vor seinem Tod konnte er dann noch bekennen, dass er der Vater jenes Kindes sei. Da kam dann auch heraus, dass dieser Bursche dem Priester früher bei der Beichte ausdrücklich die Erlaubnis gab, ihn öffentlich als den wahren biologischen Vater zu benennen. Der hl. Pfarrer von Ars nutze aber diese Möglichkeit nicht. Er zog es offensichtlich lieber vor, auf diese Weise bewusst unschuldig Buße (speziell für die Sünden gegen die Keuschheit?) zu leisten.
So kann es auch in unserem Leben eventuell vorkommen, dass wir mit einem vielleicht sogar sehr schweren Vorwurf konfrontiert werden sollten, der in der Lage ist, sogar nachhaltig unseren guten Ruf zu schädigen. Dabei kann manchmal auch der Fall eintreten, dass wir zum betreffenden Sachverhalt unbedingt komplett schweigen müssen und uns dadurch weitestgehend nicht wirklich verteidigen dürfen, weil nämlich die Offenlegung der tatsächlich stattgefundenen Ereignisse und deren Begleitumstände (die Beweisführung der eigenen Unschuld!) unter Umständen sogar zu sehr großem Schaden für andere Menschen und deren Familien führen könnte, die eigentlich nichts oder kaum etwas mit der Sache zu tun haben und somit tunlichst aus der Geschichte herausgehalten werden müssen. Wenn der betreffende Leidtragende es dann hinbekommt, sowohl tatsächlich komplett gegen die ihn belastenden Vorwürfe zu schweigen und das erlittene und weiterhin zu erleidende Unrecht in Demut und Zerknirschung (und im reuigen Wissen um seine sonstigen Sünden) bewusst großherzig als Buße aufzuopfern, dann kann er dadurch vielleicht auch eine sogenannte „Extra-Portion“ an der Segenskraft Christi für andere Menschen erflehen!
■ Wie schon erwähnt, kommt als eigentliches gottgewolltes Motiv für unsere Bußleistungen nur Gottes- und Nächstenliebe in Frage. Etwas z.B. aus Zwang zu erdulden oder nur um vor anderen als fromm zu erscheinen, ist keine Buße im christlichen Sinn des Wortes. Man möchte als Christ vor Gott etwas wiedergutmachen, eigentlich nur weil man aufgrund der Liebe zu Ihm ehrlich darunter leidet, dass man zuvor Seine göttliche Liebe mit eigenen unsittlichen Entscheidungen verletzt hat! Man möchte die eigenen Vergehen anderen Menschen gegenüber wiedergutmachen, weil es einem aufrichtig leidtut, sie zuvor durch die eigene Verletzung der Liebe ebenfalls gekränkt zu haben.
Und die hl. Jungfrau Maria ruft uns nicht nur mit den Worten ihrer Botschaften zu solchen Werken der Buße und Liebe auf, sondern hat diese vorher sehr wohl auch selbst gelebt. Ja, ja, sie tat auch Buße, denn Buße ist im eigentlichen Sinne des Wortes das Ersetzen der echten Liebe dem Geliebten gegenüber, nachdem Er zuvor durch wen auch immer einen bestimmten Mangel an Ihm gebührender Liebe erlitten hat! Denn die Muttergottes litt wie kein anderer Mensch unter dem ihrem göttlichen Sohn zugefügten furchtbaren Unrecht, weil sie ja wegen ihrer Sündenfreiheit und besonderen Nähe zu Jesus nicht nur wohl am meisten mitfühlend mit den geistigen wie körperlichen Wunden Jesu war, sondern auf dem lebenslangen Kreuzweg Jesu keinen noch so geringen Teil ihres Mit-Leidens und somit ihrer glühenden Liebe zu Ihm sozusagen für ihre eigenen Sünden „ableisten“ musste!
Da Buße ihrem Wesen nach auch den ausdrücklichen Wunsch (für sich und die anderen!) nach Vergebung und Versöhnung bedeutet, beinhaltet sie auch ein echtes Mitfühlen und ehrliches Mitempfinden mit dem geistigen wie körperlichen Elend der betreffenden Mitmenschen. Insofern trifft auf diesen Sachverhalt dann ebenfalls die goldene Grundregel zu, die ich kürzlich einen weisen Menschen habe sagen hören: „Wer nicht vergeben kann, der kann auch nicht lieben“! Maria hat am meisten geliebt, deswegen ist ihr sehnlichster Wunsch nach unserer Versöhnung mit Gott wohl auch am stärksten!

P. Eugen Rissling

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